Interner Bereich

Zeitzeugin berichtet über DDR-Erfahrungen

Anlässlich der Studienfahrt der Stufe 10 nach Berlin berichtete eine Zeitzeugin am Unterrieden über ihre DDR-Erfahrungen. Die Veranstaltung wurde vom Koordinieren-den Zeitzeugenbüro vermittelt, das als gemeinsame Servicestelle der Gedenkstätte Ber-lin-Hohenschönhausen, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stiftung Berliner Mauer dient. Da das Projekt von der Beauftragten der Bundesregie-rung für Kultur und Medien gefördert wird, entstanden der Schule keine Unkosten.

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Am Freitag, dem 2.2.2018, besuchte Frau Rosel Werl die Schüler*innen der zehnten Klassen. Sie berichtete, wie sie als Zweitklässlerin in die staatlichen Jugendorganisati-onen Junge Pioniere und FDJ gezwungen wurde. Der Unrechtsstaat Deutsche Demo-kratische Republik bestimmte das Leben der Menschen. Um Industriekauffrau werden zu können, nahm Rosel Werl auch an der Jugendweihe teil.
Nachdem sie als Siebenzwanzigjährige im Urlaub in Ungarn einen Westdeutschen kennengelernt und sich in ihn verliebt hatte, stellte sie ab 1981 mehrfach Ausreisean-träge. Sie berief sich dabei u.a. auf die Zugeständnisse des Ostblocks im Abkommen von Helsinki 1975. Im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE, heute OSZE) hatte auch die DDR-Regierung ihren Bürgern in der The-orie Menschenrechte zugestanden. Umso enttäuschter war sie, als sie am 15.6.1982 verhaftet und in U-Haft genommen wurde.

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Es begannen Monate des Psychoterrors in Suhl (Thüringen), an deren Ende das Urteil 2 Jahre und 3 Monate wegen „Landesverräterischer Nachrichtenübermittlung“ nach § 99 standen. Frau Werl schilderte eindringlich die gesundheitsschädlichen Haftbedingun-gen im Frauengefängnis Burg Hoheneck (Sachsen): Essen, wenig Schlaf und kaum Bewegung. Dazu die ständige Drangsalierung durch die kriminellen Häftlinge und die harten Strafen durch die Aufseher. Eine Folge sei Haarausfall gewesen. Öfters habe sie die Kritik gehört, dass man doch nicht wegen eines Mannes in den Westen gehe. Diese Kritik konnte von beiden Seiten kommen: Die Verfechter der zweiten deutschen Dikta-tur verlangten Treue zum Staat und dem „Einheitsgedanken des Sozialismus“, die Kriminellen im Gefängnis wollen eine Inhaftierung nicht für etwas Unwichtiges wie Liebe zu einem Mann riskieren.

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Im August 1983 gelangte sie dann im Rahmen des Häftlingsfreikaufs in die BRD. Die DDR ließ sich die Freilassung westdeutsche Mark kosten. In der Bundesrepublik konn-te sich Rosel Werl als Schulsekretärin eine neue Existenz aufbauen. Sie wohnt heute in Weil der Stadt.
Der über das Onlineportal des Zeitzeugenbüros arrangierte Besuch dient den Schü-ler*innen als Vorbereitung auf den Besuch des Gefängnisses der Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen am Donnerstag, dem 8.2.2018. Herr Pfeiffer, Herr Hermann und Herr Künstle bedanken sich bei Frau Werl im Namen der Schule für ihren Vortrag.

Text: Benjamin Künstle
Fotos: Herr Pfeiffer
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