Interner Bereich

Berlinfahrt 2020: Besuch einer Grundschule in Berlin Neukölln

In der Woche vor den Fasnachtsferien waren die Schülerinnen und Schüler der Stufe 10 zur politischen Studienfahrt in Berlin. Das Programm wird von der Fachschaft Gemeinschaftskunde verantwortet und ist traditionell politisch und historischen geprägt. Um auch andere Aspekte zur Geltung zu bringen, bieten die organisierenden Lehrkräfte seit vier Jahren Module an. Der Vormittagsbesuch im Deutschen Bundestag mit dem Vortrag, dem Abgeordnetengespräch und dem Besuch der Kuppel auf dem Reichstagsgebäude wird mit dem Mittagessen im Paul-Löbe-Haus abgerundet. Am Dienstagnachmittag standen dann für die Schüler 7 Module zur Wahl, von denen 5 durchgeführt werden konnten.

Herr Lauber und Frau Richter brachten 28 Schüler unter die Erde (Modul Underground), Herr Bohn und Frau Ebert gruselten sich mit 25 Schülern im Berliner Dungeon, Freu Kett besuchte mit 13 Schülern die Kunstausstellung im Hamburger Bahnhof und Frau Müller, Herr Petsch und 16 Schüler stiegen in die Welt der Kommunikation ein.

Die Hänselstraße 6 in 12057 Berlin-Neukölln war das Ziel von 15 Schüler und Herrn Künstle. Dort steht die Grundschule in der Köllnischen Heide mit ihren 650 Schülern. Am Dienstag, dem 18.2.2020, begrüßte uns Frau Astrid-Sabine Busse um 14 Uhr. Seit 28 Jahren leitet sie die Ganztagesgrundschule mit den Klassen 1 bis 6. Sie erklärte die Ausgangslage in dem Einzugsgebiet südlich des S-Bahn-Ringes: Viele Elternhäuser erhalten Transferleistungen, die Eltern lassen ihre Kinder oft im Stich: die Grundschulkinder haben oft kein eigenes Bett oder Schreibtisch, es gebe keine Tagesstruktur mit festen Essenszeiten für gemeinsame Mahlzeiten. In Zahlen heißt das: 88 % der Kids haben eine Kita besucht, 70 % haben Sprachdefizite. In jeder vierten Familie leben mehr als sechs Personen, rund drei Viertel der Kinder haben türkische oder arabische Wurzeln. (Zahlen aus dem Einschulungs-Atlas der Stadt Berlin für den Bezirk Neukölln, der BZ Berliner Zeitung vom 21.11.2018 entnommen, Nachweis URL: https://www.bz-berlin.de/berlin/neukoelln/wir-sind-arabisiert-muttersprache-deutsch-fehlanzeige, aufgerufen am 24.02.2020)

Die Herausforderung lösen die Angestellten auf zwei Arten: Zum einen bieten sie den Schülern ein Zuhause, zum anderen betreiben sie eine intensive Elternarbeit. Neben regelmäßigen Elterngesprächen gibt es Hausbesuchen der Lehrer im Zuhause der Schüler. Dieses Modell-Projekt „Eltern im Blick – Grenzen setzten – Brücken bauen“ wird von den Teams aus Klassenlehrer, Erzieher und Sozialarbeiter umgesetzt. Für die Projektarbeit genehmigte das Land Berlin drei zusätzliche Schulsozialarbeiterstellen, so dass an der Grundschule zur Köllnischen Heide nun fünf Sozialarbeiter mit 4,5 Stellen im Einsatz sind. Die Schulleiterin Frau Busse arbeitet dabei mit dem Verein Aspe (Betreuung der Jugendsozialarbeit vor Ort), dem Bezirk Neukölln und dem lokalen Quartiersmanagement zusammen.

Schulbild Schneck Custom

In den gesamten 90 Minuten hatten wir Gäste den Eindruck, dass hier Bildung und Erziehung im positiven Sinne gelebt wird. Die Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren bekommen nicht nur eine gute schulische Ausbildung mit intensiver Sprachbildung in kleineren Klassen (20 statt 24 Schüler) und gut ausgestatteten Klassenzimmern, sondern neben frisch zubereitetem Essen in der eigenen, hellen Mensa auch spannende Möglichkeiten im von 6 bis 18 Uhr geöffneten Freizeithaus. Vor allem die Jungs aus dem Sportprofil, d.h. die Schüler der Klasse 10d des Gymnasiums Unterrieden Sindelfingen, waren von dem Tischkicker, der Indoor Tischtennisplatte und den Minecraft-PCs (ohne Internetzugang!) begeistert. Mit Theaterbühne, Werkbänken und Schüler Café existiert eine ganz andere Welt als an der durch Neukölln führende „Sonnenallee“ mit ihren arabischen Läden, Shisha-Bars und Cafés sowie der Al-Nur-Moschee.

Die Zeitschrift FOCUS zitiert Frau Busse in der Ausgabe vom 16.10.2018 mit den Worten: „Man muss eben festhalten: Dies ist ein gesellschaftliches Problem, wir sind an der Front und sollen es ausbaden. Das ganze Problem können wir aber nicht lösen.“ (Nachweis: URL: https://www.focus.de/politik/deutschland/grundschule-in-berlin-es-herrschen-voellig-andere-werte-rektorin-erklaert-wie-sie-um-clan-kinder-kaempft_id_9751556.html, aufgerufen am 24.02.2020) Es stimmt, das ganze Problem kann nur von allen Beteiligten gemeinsam gelöst werden. Wir als Gäste können aber bestätigen, dass sich viele Schulen in Deutschland ein Vorbild an der Arbeit der zahlreichen Akteure an der Grundschule zur Köllnischen Heide nehmen können. Zu oft wird von vielen Menschen auf hohem Niveau gejammert, anstatt die Herausforderungen, die es an allen Schulen gibt, aktiv mit Elan anzugehen. Wir sollten öfters einen Blick nach Neukölln an die Grundschule in der Hänselstraße 6 werfen. Die 15 Schülerinnen und Schüler sowie Herr Künstle bedanken sich bei Frau Astrid-Sabine Busse für ihre Gastfreundschaft und ihrem Team an der Grundschule zur Köllnischen Heide für die interessanten Erfahrungen.

Text: Benjamin Künstle, 28.02.2020
Bild: Grundschule in der Köllnischen Heide
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.