Dieser kleine Text oder Bericht, wie auch immer man es nennen will, wird höchstwahrscheinlich nicht sonderlich strukturiert sein. Eher emotional und chaotisch, wie ein Tagebucheintrag. Genau genommen ist es auch ein Tagebucheintrag, eben einer, der sich nicht in einem Tagebuch befindet. Der Leser möge mir außerdem verzeihen, wenn ich nicht immer die richtigen Adjektive finde.
Am 12. April 2022 sind wir, die gesamten derzeiten 9. Klassen, im Zuge unseres Geschichtsunterrichts in die KZ-Gedenkstätte Dachau gefahren. Alle, untergebracht in Doppeldeckerbussen, zweieinhalb Stunden Fahrt. Jeweils- hin und zurück. Politische, ethische und geschichtliche Bildung als Ziel, großartig… Trotzdem war bei der Abreise das Gefübl bereits mulmig, die Stimmung etwas bedrückt und alle hatten wenigstens ein bisschen darauf geachtet, etwas Angemessenes anzuziehen. Die Fahrt lief glatt und das Wetter war unpassend - fast schon trotzig - warm, sonnig und eigentlich mehr für einen Becher Himbeer-Zitroneneis geeignet als für Trauer. Als unser Gruppenguide vor Ort ankam, hatten wir schon eine Weile gewartet, denn es war unerwartet voll gewesen und niemand von uns wusste, ob das etwas Positives oder Negatives war- wahrscheinlich beides.
Die Führung durch die Gedenkstätte selbst dauerte vielleicht zwei oder zweieinhalb Stunden, viel zu lang, um nicht absolut nachdenklich zu werden, zu kurz, um wirklich Platz für Einzelschicksale und identifizierbare Emotionen zu lassen oder die gesamte Geschichte so zu erzählen, dass das gesamte dort erlebte Leid ausgedrückt werden kann. Aber die Atmosphäre des Ortes hat, trotz Sonnenschein, für sich gesprochen und das Wissen, dass dieser Platz, der Boden, auf dem wir standen, mit so viel Schmerz behaftet ist, wie kaum ein anderer. In den Zellen und Baracken der ehemaligen Häftlinge war das bedrückende Gefühl schwindelerregend, so als würde man jeden Moment in Ohnmacht fallen- weiche Knie, Enge in der Brust, ein fast tranceartiger Zustand von Zeit zu Zeit. Jedoch, zu viele Menschen, zu viele Informationen und zu viel Betroffenheit, um bis dorthin eine Träne zu vergießen - vorerst…
Denn sobald wir zum Krematorium kamen und durch die Gaskammen und die wortwörtlichen „Lagerräume“ für die Ermordeten geführt wurden, schloss sich die Realisation der damaligen Ereignisse, wie eine kalte Hand um uns und endlich reichte es für Tränen. Viele Tränen, Umarmungen und die eiserne Entschlossenheit alles, wirklich alles daran zu setzen, dass so etwas schreckliches, absolut menschenverachtendes und schmerzhaftes nie wieder passiert und dass Toleranz, Akzeptanz, Nächstenliebe und Verständnis füreinander das Wichtigste ist, wonach wir alle streben sollten. Die Bilder sind immer noch da, hier und da und das Gefühl blieb und bleibt auch noch lange nach diesem Tag in uns vorhanden. Ein Gefühl der Trauer und des Schocks, aber vor allem ein Gefühl tiefen Mitleids für all jene, die an diesem Ort, der heute eine Gedenkstätte ist, so viel Leid durchlebt haben…
Text: Clara Steinberg, 9a